Soso, das ist also Laos. Wir sitzen im Slowboat und shippern über den Mekong und jedesmal, wenn ich auf goggle maps schaue, wo die nächste angegebene Ortschaft liegt und wir dort mit dem Boot halten, bin ich überrascht: Da stehen 7 -12 Holzhütten auf Pfählen am Hang und drumherum sehe ich nur Wald, den Mekong und eine Herde Wasserbüffel. Die nächste Ortschaft liegt dann 10km weiter Flussabwärts. Genau das gleiche Bild. Und so etwas gibt google maps als Ortschaft an?! Heiliger Strohsack, wo sind wir hier gelandet?!



Laos hat 37 Einwohner pro Quadratkilometer und damit auch nur ein paar mehr als Schweden. Es ist kommunistisch geprägt und Korruption an der Tagesordnung. Nachbarland China unterstützt Brückenbauten, stellt die (einzige) Eisenbahnlinie (ein Teil der Seidenstraße) und subventioniert das Land. Damit wächst auch sein Einfluss. In Laos sind die Medien zensiert. Zuverlässiges (und schnelles) Internet gibt es nur in den 4 größten Städten und die wenigsten können sich das leisten.
Laos importiert viele Güter, deshalb ist es auch recht teuer. Supermärkte gibt es wenig und wenn sind alle privat geführt. Häufig stehen keine Preise angeschrieben. Das sorgt dann für die ein oder andere Überraschung an der Kasse. Kann sein, dass du am nächsten Tag für den gleichen Einkauf mehr oder weniger bezahlst. Am besten fragt man vorher, was wieviel kostet, dann kann man selbst entscheiden, ob es einem das Wert ist oder nicht.

Hier her zu gelangen war ziemlich aufwendig. Von Pai ging es für uns mit dem Bus nach Chiang Mai zurück und am nächsten Morgen gleich weiter nach Chiang Khong, an die Grenze zu Laos.
Dort wurden wir urplötzlich mitten im Nichts an einer Straße ausgesetzt und fuhren dann mit dem TukTuk an den Grenzübertritt. Die Brücke über den Mekong, der einen Teil weit die Grenze zwischen Thailand und Laos darstellt, darf man nicht selbständig überqueren. Alles ist mit Stacheldraht gesichert und wird mit Kameras überwacht. Kurz hinter dem Ufer gibt es dann einen Grenzposten an dem man sein Visum in Dollar bezahlen muss. Das Visum gilt für 30 Tage und es kann nicht verlängert werden.



Die Nacht verbrachten wir in einem kleinen Zimmer in Ban Houayxay. Unser erster laotischer Abend erwartete uns mit einem unglaublich schönen Sonnenuntergang. Ich stand dort oben am Tempel mit Aussicht auf die Berge Laos und brannte darauf, dieses Land und die Menschen hier näher kennenlernen zu dürfen.



In Ban Houayxay hatten wir ja bereits zwei Tage Busfahrt hinter uns und jetzt auch noch das: Mit dem Slowboat mussten wir sieben(!) Stunden über den Mekong bis nach Pak Beng, einem größeren Bergdorf, shippern. Leider blödes Erlebnis: Beim Einstieg drängte der Bootbesitzer, uns beim Gepäcktragen helfen zu dürfen. Wir lehnten ab. Er sah, dass wir mit dem vielen Gepäck und den beiden Kindern ganz schön zu rödeln hatten und schnappte sich einen unserer Rucksäcke. Wie nett, dachte ich. Wenig später kam er im Boot auf uns zu und verlangte Geld. Domi gab ihm einen Schein. Er machte eine Handbewegung, dass es mehr sein muss. Mann, waren wir verwöhnt! In Thailand wurde uns an jeder Ecke geholfen: Kinder über Bootsstege tragen, Tasche abnehmen, einsteigen, aussteigen...
Während der Fahrt hatten wir bei einem anderen Fahrgast etwas ähnliches erlebt: Ein Laot drängte einem jüngeren Tourist seinen ungekochten Reis zum Einlegen auf, nachdem sein Laptop nass wurde. Danach verlangte der Laot dafür eine horrende Geldsumme. Dies führte zu einem lauteren Verhandlungsgespräch und ein dritter Mann schritt beschwichtigend ein. Zum ersten Mal fühlte ich so etwas wie Unwohlsein. Ich wollte das irgendwie nicht. Jeder Ort ist unsere neue Heimat für die Zeit, die wir dort leben. Und in meinem Zuhause möchte ich mich eigentlich wohlfühlen. Mir wurde während der Weiterfahrt klar, dass die Menschen hier anders ticken - und warum. Jeder Mensch ist geprägt von unterschiedlichen Lebensumständen und Erfahrungen. Man muss sich einfach klarmachen, dass die Mehrheit der Bevölkerung (gerade in den ländlichen Gebieten) arm ist und kreativ versucht zu überleben. So haben sie ihre Taktik gefunden, diesen Kampf zu meistern. Klar empfinden wir das erst einmal als befremdlich. Aber diese Menschen haben oft kaum mehr zu bieten als ihre Hilfskraft und so gibt der Perspektivenwechsel die Möglichkeit, diese beiden Situationen zu interpretieren.




In Laos ist gerade Nebensaison und mit uns kamen nur wenige Touristen. Am Ufer belagerten uns die Hotelbesitzer gleich mit Angeboten und versuchten uns mit schönen Fotos in ihr Gästehaus zu locken. Wir liessen uns von den Bildern verleiten und stellen bei Ankunft in der Unterkunft fest, dass die Bilder wohl sehr beschönigend waren. Großer Mist. Nach 7 Stunden Bootsfahrt mit 2 kleinen, hungrigen und müden Kindern zogen wir nicht noch einmal um. Der Hof war toll! Es gibt Hühner, Gänse und Katzen, aber das Zimmer steht auf Platz 2 unserer Ranking-List der schäbigsten Unterkünfte in Südostasien.



Am nächsten Morgen mussten wir wieder aufs Boot. Noch einmal 7 Stunden auf dem Mekong vertrödeln bis wir endlich in Luang Prabang waren.
Aber Luang Prabang ist wunderschön! Die erste Stadt, in der man seinen Abfall nicht stundenlang spazieren führen muss. Es ist so aufgeräumt, so sauber, so geordnet. Die Gassen der Altstadt sind geprägt von der ehemalig französischen Abhängigkeit, die erst 1949 aufgelöst wurde. Überall befinden sich Häuser in Kolonialarchitektur. Bis 1975 war es die Königsstadt. Heute ist die Stadt von der UNESCO als Welterbe anerkannt und wird dementsprechend gepflegt. Nach so langer Zeit ein Stück Europa/Heimat. Zu meinem Entzücken gibt es hier sogar eine Brotkultur.

















Und nach vier Tagen Dauerreise endlich die Erlösung! Wir beziehen ein wunderschönes Gästehaus mitten in der Altstadt am Mekong! Ich bin im Himmel! Domi glücklich, Kinder glücklich, ich glücklich!
Und dann gibt es sie doch noch, die andere Begegnung mit den laotischen Menschen: Die Besitzerin ist so lieb und süß, so zuvorkommend und zurückhaltend-freundlich! Sie schenkt unseren Mädels jedesmal Blumen aus ihrem Gärtchen wenn sie uns trifft.
Morgen bringe ich ihr etwas Süßes mit!





Generell machen wir hier die Erfahrung, dass die Frauen sehr viel freundlicher sind, als die Männer. Sie arbeiten hart. Sogar im Straßenbau sehen wir fast ausschließlich Frauen. Sie kümmern sich um die Kinderpflege und -Erziehung und managen häufig nebenbei noch ein Gewerbe. Man könnte meinen, sie seien das starke Geschlecht. Es lässt sich aber schnell erkennen, dass all diese starken Frauen von ihrem Mann dominiert und unter Kontrolle gehalten werden. Hier herrscht Patriachat und die Männer zeigen das auch öffentlich. Es gibt wenige Ausnahmen.
Wir lassen uns treiben und unternehmen wenig Sightseeing. Für einen Tag mieten wir einen Roller und fahren die 26km (50min) zum Kung Si Wasserfall.









"Ich schwöre, ich habe den Schlüssel in das Reißverschlussfach im Rucksack gelegt", meinte Domi, als wir am Abend beim Roller standen und nun schon zum 10. Mal den Rucksack kopfüber ausleerten. Ich lief mit Hannah den ganzen Weg zum Waserfall noch einmal ab. Domi fragte mit Olivia an der Touristeninfo, beim Ticketverkauf, an den Verkaufsständen. Der Schlüssel ist weg. Er bleibt weg. Es war 18 Uhr abends, es dämmerte, Hannah fing an zu weinen. Die letzten Touristen waren weg und mit ihnen sämtliche Touribusse. Einen Roller über Nacht draußen in der Einöde stehen zu lassen ist nur eine Option, wenn man ihn bezahlen möchte. Man warnte uns nämlich bereits beim Verleih, ein seperates Schloss anzubringen oder den Roller über Nacht in einer abschließbare Garage unterzubringen.
Domi fand ein letztes TukTuk und der Fahrer nahm uns (für eine Unsumme an Geld) mit samt Roller mit nach Luang Prabang. Besser als draußen schlafen. Ich bin gespannt, was uns boch alles passiert auf dieser Reise. Einige Dinge haben wir ja jetzt schon auf unserer To-Do-Liste abgehakt...


Was uns jetzt tatsächlich immer mehr fehlt - und das merke ich, sobald wir auf Menschen mit deutscher Sprache treffen: Sich mal wieder richtig zu unterhalten. Auch mal mit anderen (am liebsten mit meinen Freundinnen, aber das geht ja gerade nicht). Und es macht einfach einen enormen Unterschied, ob du die gleiche Sprache sprichst: Der andere versteht deine (Wort)Witze und Andeutungen und die Gesprächsebene geht einfach viel tiefer, hat eine andere Ebene. Man sagt ja auch, man "spricht die gleiche Sprache". Ich vermisse das. Hannah glaube ich auch. Jetzt tut es aber auch erst einmal noch ein gemeinsames Spielen oder Malen mit der kleineren Schwester und den Kindern der Gasthaus-Besitzerin. Zum Glück haben sich die Mädels gegenseitig. Mit Einzelkind hätte ich diese lange Reise nicht unternommen.
Morgen reisen wir weiter in den Norden, nach Nong Khiaw.
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